
PVA-Fasern könnten das Textilmüll-Problem lösen
Jährlich werden Millionen Tonnen Kleidung und Textilien auf unserem Globus hinterlassen. Dabei ließe sich das Problem beseitigen: Mit Stoffen, die sich in Wasser auflösen.
Immer noch mehr Polyester für die Fashion-Industrie
Die jährliche Faserproduktion steigt und steigt und steigt. Inzwischen hat sie die Marke von 100 Millionen Tonnen erreicht. Dieser enorme Hunger nach Textilfasern lässt sich schon lange nicht mehr aus nachwachsenden Quellen wie der Baumwolle stillen. Die Lücke wird daher durch synthetische Fasern geschlossen - allen voran mit Polyester, das inzwischen fast 60% des Weltfaseraufkommens ausmacht. Dabei sind die ökologischen Auswirkungen dieser thermoplastischen Faser hinreichend bekannt: Hergestellt auf Erdölbasis, ressourcenintensive Fertigung mit hohem Kohlendioxidausstoß, lange Halbwertszeit, Freisetzen von Mikroplastik. Auf der anderen Seite haben Polyesterfasern gute chemisch-physikalische Eigenschaften, was eine lange Nutzungsdauer der daraus hergestellten Textilien garantiert.
Was aber nutzt die lange Haltbarkeit von Polyester, wenn Fashion längst ultrafast geworden ist und nach kürzester Tragedauer auf dem Müll bzw. in der Altkleidersammlung landet?
Science-Fiction für die Fashion-Industrie:
Selbst auflösende Mode
Für kurzzeitige Mode, die im Grunde als Ego-Shooter dient, wären Klamotten ideal, die sich bereits nach ein bis zwei Wäschen quasi von selbst auflösen und Platz in jedem Kleiderschrank schaffen. Das Erfreuliche: Es gibt Fasern mit dieser Eigenschaft. Zu dieser Gruppe der in Wasser löslichen, biologisch abbaubaren Fasern gehören solche aus Polyvinylakohol (PVA). Ja nach Zusammensetzung und Vorbehandlung lösen sie sich schneller in kaltem Wasser oder langsamer in kochendem Wasser auf. Dieses Verhalten machen sich unter anderem Hersteller von Stickvliesen, Heftgarnen, Bügelvliesen oder sogar Sprüh-Fixativen zunutze. In der Mode spielt PVA allerdings (bisher) kaum eine Rolle. Das hat mehrere Gründe. Zum einen ist die Herstellung textiler PVA-Fasern (z.B. unter den Handelsnamen Vinalon oder Kuralon vertrieben) auf sehr wenige Hersteller begrenzt. Zum anderen sind die Materialien farblich eher langweilig – nämlich weiß. Das liegt daran, dass sich die wasserlöslichen Stoffe nur unter Schwierigkeiten färben lassen. Wechselnde Colorits sind jedoch ein Muss für top-modische Klamotten, weshalb eine eingeschränkte Farbpalette nicht ins Selbstverständnis der Fast- und Ultrafast-Fashion-Industrie passt. Das ist wirklich bedauerlich, denn PVA-Fasern könnten im wahrsten Sinne des Wortes zur Lösung der sich ins Unendliche auftürmenden Textil-Müllberge beitragen.